Ich bin kein Berliner: Ein Reiseführer für faule Touristen
Ich bin kein Berliner: Ein Reiseführer für faule Touristen
Taschenbuch Ich bin kein Berliner ein Reiseführer für faule Touristen, 251 Seiten, von Wladimir KaminerSicher, Wladimir Kaminer, der Deutsche russisch-jüdischer Abstammung, der mit dem Buch Russendisko und der gleichnamigen Partyreihe international bekannt wurde, ist weder in Berlin geschweige denn in Deutschland geboren noch besitzt er den typische Berliner Schnauze. Demnach ist er tatsächlich kein Berliner, auch wenn er seit 1990 dort lebt. Andererseits verkörpert er mit seinen kreativen
Unverb. Preisempf.: EUR 8,95
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Kommentare
Christoph Fischer „Elefantino“ 20. September 2011 um 22:15
Feine (Selbst-)Ironie!,
Man muss keinen Berlin-Trip in der kurzfristigen Reiseplanung haben, um an Wladimir Kaminers ungewöhnlichem Stadt-Porträt Gefallen zu finden. Der Untertitel, so der Autor bei einer Lesung, die ich gestern besuchte, lege ja nahe, dass das Werk für „faule Touristen“ geschrieben sei. Selbst für solche, die zu faul seien, nach Berlin zu reisen….
So darf der Leser also vom heimischen Sofa einen Blick auf das Leben und Treiben in der Hauptstadt werfen. Aus der ganz eigenen Perspektive des 1990 zugereisten gebürtigen Moskauers. Wir erfahren unter anderem, wie in den „Sümpfen des Neolithikums“ durch das Aufeinanderprallen von Affen-Kult-frönenden Frühmenschen und ihren heiligen Bären huldigenden Rivalen eine Stadt entstehen konnte. Diese Stadt und die Menschen, die heute in ihr leben ( Ur-Berliner, Zugereiste und ethnische Minderheiten, last not least Russen ) beschreibt Kaminer mit feiner Ironie und gewohnt pointiert.
Wer wissen möchte, was Steuerberater und Frisöre in West- und Ostteil der Stadt auch lange nach Mauerfall noch unterscheidet, und warum Taiwanesen in Berlin so unauffällig sind, dass nicht einmal die Chinesen sie erkennen, geschweige denn jemand ihre Restaurants finden würde, bekommt hier Antworten. Wunderbar zu lesen ist auch Kaminers augenzwinkernd-distanzierte Betrachtung seiner eigenen Versuche als Berlin-Reporter des Frühstücksfernsehens…..
Es ist immer wieder verblüffend, wie nuanciert der gebürtige Russe die deutsche Sprache benutzt. Seine feine Ironie ist stets treffend, meist liebevoll und nie verletzend. Kein Zweifel, der Wahl-Berliner mag die Stadt und ihre Menschen!
Ein umfangreicher Anhang beschreibt besondere Plätze, die der Berlin-Tourist auf den Spuren des Autors besuchen kann.
Fazit: „Ich bin kein Berliner“ ist kein klassischer Reiseführer, sondern ein rezeptfreies Antidepressivum mit Schmunzel-Garantie. Unbedingt lesen!!!
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Niclas Grabowski „niclas grabowski“ 20. September 2011 um 23:09
Ich bin kein Reiseführer,
Wer den Autor kennt, kennt eigentlich auch schon das Buch. Wladimir Kaminer, schon seit der Wende in Berlin lebender Autor russischer Herkunft, ist nicht nur für einen bekannten Teil des Berliner Nachtlebens verantwortlich, er begleitet das alltägliche Leben in der Hauptstadt auch mit einer unnachahmlichen Mischung aus Selbstironie und analytischer Distanz. Begonnen hat er mit dem Erfolgsbuch Russendisko, danach folgten einige, etwas schwächere Bände, als er versuchte, den Erfolg mit gleichen Mitteln zu wiederholen. Mittlerweile haben seine Bücher einen thematischen Schwerpunkt (wie Kochen in „Küche totalitär“), erzählen aber immer noch im Wesentlichen vom Leben, seinen Unglückfällen und den merkwürdigen Menschen, die in beidem heimisch sind.
In diesem Buch geht es mal wieder um die Heimatstadt Kaminers, das schöne Berlin. Wieder begleiten wir ihn auf seinen Wegen durch die Stadt, sei es als Familienvater, sei es als Teil eines Fernsehteams des ZDF, sei es als Mitglied der großen, russischen Gemeinschaft in der Stadt. Und tatsächlich ähnelt sein Blick oft dem des Touristen, der sich über die Sitten und Gebräuche der Einheimischen immer wieder wundern muss. Folklore, das ist vielleicht der beste Begriff, wenn es darum geht, alle der vielen, kleinen Geschichten des Buches mit einem Wort zu beschreiben. So lesen wir über das merkwürdige Verhalten der Berliner beim Kampf um das tägliche Brot, beim Besuch der Grünen Woche, beim Fussballspielen, bei Kunstherstellung und Kunstgenuss. Wie lernen, wie Pferderennen in Berlin funktioniert und welche Fauna in der Stadt erfolgreich überlebt. Und wir stellen fest, dass für Kaminer der Osten und der Westen dieser Stadt auch 18 Jahre nach dem Beginn der Wende immer noch zu zwei verschiedenen Kulturen gehören. Schließlich hat sich ja auch in jedem der beiden Teile der Stadt ein eigener Typ von russischen Zuwanderern angesiedelt. Im Osten nett, kreativ, alternativ und pleite. Im Westen reich, leicht arrogant und schön – gelegentlich schön aufwendig. Und im letzten Kapitel erfahren wir dann auch die Zukunftsvision, die Kaminer für diese liebenswert verrückte Stadt hat.
Ist das nun alles für einen Touristen wirklich brauchbar? Trotz der vielen, spannenden Orte, die in einem Anhang noch mal eigens beschrieben sind, als Wochenendtourist wird man sicherlich andere Orte aufsuchen. Aber wenn man etwas über die Atmosphäre in der Stadt lesen will und über die Einwohner etwas lernen will, dann liegt man mit diesem Buch gar nicht so falsch. Und wie immer bei Kaminer liest sich das ganze lustig und schnell. Und für einen nicht muttersprachigen Autor ist das Buch bemerkenswert gut geschrieben.
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A. Hohm „Andrea Hohm“ 20. September 2011 um 23:54
Kein typischer Kaminer,
Dabei war es eine benahe geniale Idee: Kaminer bewegt sich durch seine Stadt und sein Lieblingsthema BERLIN und lässt den Leser diesmal sogar mit praktischen Tipps für den nächsten Berlin-Trip an seiner Route teilnehmen. Alles ist ansprechend verpackt, mit einem netten Cover versehen und einem interessanten Titel bestückt. Der Autoren-Name tut das seinige zum Appetitmachen dazu, verspricht er doch einen durchaus literarischen Anspruch. Mit einem blutenden Herzen muss man sich jedoch schnell eingestehen, dass die Verpackung diesmal leider nicht hält, was sie verspricht.
Anfänglich balanciert er noch in gewohnter Kaminer-Manier zwischen charmant-lustigen bis zynisch-deftigen Anekdoten, kommt dann aber relativ schnell ins Schleudern, wankt zwischen einer allzu gewollt komischen Stimmung, plattem Witz und belanglosem Nonsens, um letztendlich für den Großteil des Werkes in der wenig amüsanten Blödelecke zu kampieren. Ein Beispiel findet sich auf der Seite 123. Seinen Informationen zu Folge wäre es durchaus denkbar, dass man im Tiergarten von einer türkischen, polnischen, koreanischen, arabischen oder griechischen Grillgesellschaft eingeladen wird. Höflichkeitshalber sollte man da nicht mit leeren Händen dastehen. Sein Fazit: <Deswegen sollte man auf alle Fälle immer ein paar Hühnerbeine in der Tasche haben.>
Kaminer wirkt beizeiten fahrig, unstrukturiert und gibt dem Leser das Gefühl, als hätte er nicht mehr wirklich etwas zu erzählen. Vielleicht hat er seine Lieblingsthemen BERLIN und PRENZLAUER BERG dann doch schon zu sehr abgegrast.
Zum Glück ist Kaminers sonst so geistreicher Witz aber nicht ganz verloren gegangen und kommt in wenigen Momenten dann doch zum Vorschein, wie beispielsweise im Kapitel BERLIN – EINE ARBEITERSTADT. Hier gelangt er wieder zu wahrer Größe und zeigt, wie feinfühlig und gewitzt er mit der deutschen Sprache jonglieren kann.
Kaminer-Fans werden um diesen Band wohl nicht rumkommen, für Einsteiger ist er aber wenig empfehlenswert, hier versprechen der Klassiker RUSSENDISKO oder ICH MACHE MIR SORGEN, MAMA dann doch ein amüsanteres Lesevergnügen.
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